1.1 > Verschiedene Komponenten des Klimasystems reagieren unterschiedlich schnell auf Störungen. Der tiefe Ozean zum Beispiel ist eine wichtige Ursache für die langsame Reaktion des Klimas. Die farbige Fläche auf der oberen Skala stellt die kurze Zeitspanne eines Menschenlebens dar.

Die Trägheit des Klimas

Wie wir alle in der Schule gelernt haben, sind die Weltmeere eines der wichtigsten Elemente des globalen Klimasystems. Aber was bedeutet eigentlich „Klima“? Der Unterschied zwischen Wetter und Klima lässt sich in einem einzigen Satz ausdrücken: „Klima ist das, was man erwartet; Wetter ist das, was man bekommt.“ Damit wird ein grundlegender Unterschied zwischen Wetter und Klima deutlich. Die Wetterforschung befasst sich mit der Entstehung, der Bewegung und der Vorhersage der einzelnen Elemente des Wetters, wie z. B. eines bestimmten Tiefdruckgebiets oder eines Hurrikans. Die Klimaforschung hingegen befasst sich mit der umfassenderen Gesamtheit von Tiefdruckgebieten und Wirbelstürmen und widmet sich Fragen wie z. B. der Frage, wie viele Mittelgebirgsstürme oder Wirbelstürme im nächsten Jahr auftreten werden oder ob sie aufgrund der globalen Erwärmung in den kommenden Jahren häufiger oder intensiver werden. Der Begriff „Wetter“ bezieht sich also auf kurzfristige Ereignisse in der Atmosphäre, während sich „Klima“ auf längere Zeiträume bezieht. Für die Beschreibung des Klimas wird in der Regel eine Zeitspanne von 30 Jahren als Bezugsrahmen verwendet. Die Menschen nehmen den Klimawandel hauptsächlich als Veränderungen der atmosphärischen Variablen wahr, z. B. als Schwankungen der Temperatur oder des Niederschlags. Im Prinzip kann die Atmosphäre aufgrund ihrer chaotischen Dynamik viele natürliche klimatische Veränderungen selbst hervorrufen. Ein Beispiel dafür ist die Nordatlantische Oszillation (NAO), die das Klima über Teilen Europas und Nordamerikas erheblich beeinflusst. Dabei handelt es sich um eine Art Druckschwankung zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch, die die Stärke der winterlichen Westwinde über dem Nordatlantik bestimmt. Sind diese stark, führt dies zu mildem und regnerischem Wetter in Westeuropa; sind sie schwach, ist es trocken und kalt. Solche natürlichen Schwankungen machen es schwierig, anthropogene Klimaveränderungen aufgrund eines verstärkten Treibhauseffekts zu erkennen.
Die Atmosphäre ist kein isoliertes System. Sie steht in Wechselwirkung mit anderen Komponenten des Erdsystems, zum Beispiel mit den Ozeanen. Sie steht aber auch in Kontakt mit der Kryosphäre (Eis und Schnee), der Biosphäre (Tiere und Pflanzen), der Pedosphäre (Boden) und der Lithosphäre (Gestein). Alle diese Elemente zusammen bilden das Klimasystem, dessen einzelne Komponenten und Prozesse miteinander verbunden sind und sich gegenseitig in vielfältiger Weise beeinflussen. 1.2 > Das Klimasystem, seine Teilsysteme und die relevanten Prozesse und Wechselwirkungen.

Die Atmosphäre ist kein isoliertes System. Sie steht in Wechselwirkung mit anderen Komponenten des Erdsystems, zum Beispiel mit den Ozeanen. Sie steht aber auch in Kontakt mit der Kryosphäre (Eis und Schnee), der Biosphäre (Tiere und Pflanzen), der Pedosphäre (Boden) und der Lithosphäre (Gestein). Alle diese Elemente zusammen bilden das Klimasystem, dessen einzelne Komponenten und Prozesse miteinander verbunden sind und sich gegenseitig in vielfältiger Weise beeinflussen.

Extra InfoDie Schwierigkeit, den anthropogenen Klimawandel zu erkennen

Alle diese Komponenten reagieren auf Veränderungen in unterschiedlichem Tempo. Die Atmosphäre passt sich innerhalb weniger Stunden bis Tage an die Bedingungen an der Erdoberfläche an, etwa an die Temperatur der Ozeane oder die Eisbedeckung. Außerdem ist das Wetter wechselhaft und lässt sich nur wenige Tage im Voraus vorhersagen. Es hat sich gezeigt, dass die theoretische Grenze der Wettervorhersagbarkeit bei etwa 14 Tagen liegt. Die Strömungen in der Tiefsee benötigen jedoch mehrere Jahrhunderte, um vollständig auf sich ändernde Randbedingungen zu reagieren, wie z. B. Schwankungen der nordatlantischen Oszillation, die Temperatur- und Niederschlagsänderungen an der Meeresoberfläche verursachen und somit die Bewegung in größeren Tiefen antreiben. Eine große kontinentale Eismasse wie der antarktische Eisschild wird sich infolge des Klimawandels vermutlich über viele Jahrtausende hinweg verändern und ohne Gegenmaßnahmen auf dieser Zeitskala allmählich abschmelzen. Die Vorhersagbarkeit des Klimas beruht auf den Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre und den trägeren Klima-Subsystemen, insbesondere den Ozeanen. Innerhalb dieses Systems bewegen sich die verschiedenen Komponenten des Klimasystems mit völlig unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Tiefdruckgebiete können innerhalb von Tagen Hunderte von Kilometern driften. Meeresströmungen hingegen schleichen oft mit wenigen Metern pro Minute dahin. Hinzu kommt, dass die einzelnen Komponenten unterschiedliche Wärmeleitfähigkeiten und Wärmekapazitäten besitzen. Wasser zum Beispiel speichert große Mengen an Sonnenwärme über lange Zeiträume.
Klimaveränderungen können auf zwei verschiedene Arten ausgelöst werden – durch interne und externe Kräfte. Zu den internen Kräften gehören:

  • Veränderungen in einer einzelnen Klimakomponente, zum Beispiel eine anomale Meeresströmung;
  • Veränderungen in den Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Klimakomponenten, zum Beispiel zwischen Ozean und Atmosphäre.

Im Gegensatz dazu scheinen die externen Mechanismen auf den ersten Blick nichts mit dem Klimasystem zu tun zu haben. Dazu gehören:

  • die sehr langsame Drift der Kontinente, die im Laufe von Jahrmillionen Landmassen in unterschiedliche Klimazonen verschiebt;
  • die wechselnde Intensität der von der Sonne ausgesandten Strahlung. Die Strahlungsenergie der Sonne schwankt im Laufe der Zeit und verändert die Temperaturen auf der Erde;
  • Vulkanausbrüche, die Asche und Schwefelverbindungen in die Atmosphäre schleudern, beeinflussen den Strahlungshaushalt der Erde und damit das Klima.

Kohlendioxid und der TreibhauseffektDie Atmosphäre reichert sich zunehmend mit Kohlendioxid (CO2) an, genauer gesagt mit Kohlendioxid und anderen klimarelevanten Spurengasen. Sie lassen zunächst die einfallende kurzwellige Strahlung der Sonne durch. Diese Energie wird an der Erdoberfläche in Wärme umgewandelt und dann als langwellige Strahlung wieder abgestrahlt. Die Gase in der Atmosphäre verhindern wie die Glasscheiben eines Treibhauses, dass diese langwellige Strahlung in den Weltraum entweicht, und die Erdoberfläche erwärmt sich.

Wie der Mensch das Klima verändert

Der Einfluss des Menschen auf das Klima hat in den letzten hundert Jahren stark zugenommen. Wir setzen große Mengen an klimarelevanten Spurengasen in die Atmosphäre frei. Das verändert die Strahlungsbilanz der Atmosphäre und führt zur globalen Erwärmung.
Zu diesen Spurengasen gehören neben Kohlendioxid auch Methan, Distickstoffoxid (Lachgas), halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid. Kohlendioxid (CO2) ist für das Klimasystem der Erde jedoch besonders wichtig, weil der weltweite Ausstoß so enorm ist. Es wird vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Erdöl, Erdgas und Kohle) in Kraftwerken, Fahrzeugmotoren oder in Heizungsanlagen von Haushalten freigesetzt. Seine Konzentration in der Atmosphäre ist heute auf fast 390 Teile pro Million (ppm) im Vergleich zum vorindustriellen Wert von 280 ppm angestiegen. Mit diesem Anstieg ist auch die Temperatur im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts angestiegen. Die intern getriebenen Veränderungen in den Ozeanen, wie z. B. die Veränderungen des Golfstroms, treten ebenfalls in einem Zeitrahmen von Jahrzehnten oder wenigen Jahrhunderten auf. Diese haben einen entscheidenden Einfluss auf das Klima und auf die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre, da sie stark in globale Stoffkreisläufe wie den Kohlenstoffkreislauf eingebunden sind. CO2 löst sich zum Beispiel leicht in Wasser. Allerdings haben die Ozeane seit Beginn der industriellen Revolution etwa die Hälfte des gesamten durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugten Kohlendioxids aufgenommen, was die natürlichen Schwankungen deutlich dominiert hat. Ob und wie stark sich das Klima in Zukunft verändern wird, lässt sich also auch aus den Ozeanen ableiten. Das Klima wird sich in Zukunft sehr langsam verändern, weil die Ozeane mit ihren immensen Wasservolumina nur sehr langsam auf Veränderungen reagieren. Daher werden viele, aber nicht alle Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels erst nach und nach spürbar werden. Einige dieser Folgen könnten sogar unumkehrbar sein, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Irgendwann wird es beispielsweise nicht mehr möglich sein, das vollständige Abschmelzen des grönländischen Eisschildes und den damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels um sieben Meter aufzuhalten. Wo diese Schwelle liegt, ist allerdings nicht genau bekannt. Eines ist jedoch sicher: Selbst wenn die Kohlendioxid-Emissionen auf dem heutigen Niveau stabilisiert würden, würde dies nicht zu einer Stabilisierung der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre führen, weil Kohlendioxid extrem langlebig ist und die Kohlendioxid-Senken, vor allem die Ozeane, es nicht so schnell aufnehmen, wie wir es produzieren.

Anders sieht es bei kurzlebigen Spurengasen wie Methan (CH4) aus. Würden die Methanemissionen auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisiert, würde sich auch die Methankonzentration in der Atmosphäre stabilisieren, da Methan in der Atmosphäre etwa in dem Maße abnimmt, wie es emittiert wird. Um die Kohlendioxidkonzentration auf einem bestimmten Niveau zu halten, müssen die Emissionen auf einen Bruchteil der derzeitigen Mengen reduziert werden. 1.4 > Selbst wenn es gelingt, den Ausstoß von Treibhausgasen, insbesondere von CO2, bis zum Ende dieses Jahrhunderts deutlich zu reduzieren, werden die Auswirkungen immer noch erheblich sein. CO2 hat eine lange Lebensdauer und verbleibt viele Jahrhunderte in der Atmosphäre. Aus diesem Grund wird die Temperatur auf der Erde noch ein Jahrhundert oder länger um einige Zehntel Grad ansteigen. Da die Wärme nur sehr langsam in die Tiefen der Ozeane vordringt, dehnt sich das Wasser auch nur langsam aus, und der Meeresspiegel wird über einen langen Zeitraum hinweg allmählich weiter ansteigen. Das Abschmelzen der großen kontinentalen Eisschilde in der Antarktis und Grönland ist ebenfalls ein sehr allmählicher Prozess. Das Schmelzwasser wird über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende in den Ozean fließen und den Meeresspiegel weiter ansteigen lassen. Die Abbildung veranschaulicht das Prinzip der Stabilisierung bei beliebigen CO2-Werten zwischen 450 und 1000 Teilen pro Million (ppm) und zeigt daher keine Einheiten auf der Reaktionsachse

Eine drohende Katastrophe

Lang nach der Stabilisierung des Kohlendioxidgehalts wird sich das Klima aufgrund seiner Trägheit noch weiter verändern. Klimamodelle zeigen, dass die oberflächennahe Lufttemperatur noch mindestens hundert Jahre lang ansteigen wird. Der Meeresspiegel wird noch mehrere Jahrhunderte lang steigen, weil sich das Meerwasser infolge der allmählichen Erwärmung der Tiefsee nur langsam ausdehnt und weil die kontinentalen Eisschilde in der Arktis und Antarktis wahrscheinlich nur sehr langsam auf die Erwärmung der Atmosphäre reagieren und die Gletscher noch viele Jahrtausende lang schmelzen werden. Es wird also noch lange dauern, bis der Meeresspiegel ein neues Gleichgewicht erreicht hat. Die Wissenschaftler halten es aber auch für möglich, dass der grönländische Eisschild bei einer starken Erwärmung innerhalb dieses Jahrtausends vollständig abschmilzt und im Meer verschwindet. Der Eisschild könnte sogar auseinander brechen und riesige Teile ins Meer stürzen. Die enormen Süßwassermengen könnten zu einer kritischen Veränderung der Ozeanzirkulation führen, zum Beispiel im Golfstrom. In einem Extremszenario könnte der Meeresspiegel um mehr als einen Meter pro Jahrhundert ansteigen, regional sogar noch mehr.
Die Trägheit des Klimasystems und die Gefahr, dass der Trend unumkehrbar ist, sollten Grund genug für vorausschauendes Handeln sein. Dabei ist stets zu bedenken, dass die heute messbaren Auswirkungen des Klimawandels noch nicht das gesamte Ausmaß des bereits in der Vergangenheit durch den Menschen verursachten Klimawandels widerspiegeln. Die Menschheit wird sie erst in einigen Jahrzehnten deutlich zu spüren bekommen, muss aber schon jetzt handeln.1.5 > Um auf die Bedrohung durch die globale Erwärmung aufmerksam zu machen, veranstaltete die Regierung der Republik Malediven im Herbst 2009 kurz vor dem Kopenhagener Gipfel ein Treffen auf dem Meeresgrund.

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