Lange Zeit war der Unterschied klar und leicht zu merken: Metalle leiten Strom, Kunststoffe nicht. Jetzt hat man erkannt, dass die Dinge in Wirklichkeit komplizierter sind als das. Denn Kunststoffe sind unter bestimmten Umständen tatsächlich in der Lage, Strom zu leiten. Für diese Entdeckung erhielt der neuseeländische Chemiker Alan MacDiarmid zusammen mit seinem japanischen Kollegen Hideki Shirakawa und dem amerikanischen Naturwissenschaftler Alan J. Heeger im Jahr 2000 den Nobelpreis für Chemie. Vor zehn Jahren, am 7. Februar 2007, starb Alan MacDiarmid im Alter von 79 Jahren.

Wie so oft spielte auch bei der Entdeckung leitfähiger Polymere der Zufall eine Rolle: Anfang der 1970er Jahre war Hideki Shirakawa in seinem Labor in Tokio dabei, Polyacetylen (PAC) herzustellen, einen Kunststoff, der unter anderem zur elektrischen Isolierung verwendet wird. Bei der Synthese unterlief dem japanischen Wissenschaftler jedoch ein kleiner Fehler.

Um Acetylen zu vernetzen, braucht man einen Katalysator, d.h. es muss eine Substanz hinzugefügt werden, die in der Lage ist, eine chemische Reaktion auszulösen oder zu beeinflussen, während sie selbst unverändert bleibt. Shirakawa verwendete die tausendfache Menge des Katalysators und erhielt statt eines weißen Pulvers ein silberglänzendes Material.

Auf einem Seminar traf Shirakawa Alan MacDiarmid, Professor an der Universität von Pennsylvania, und Alan J. Heeger von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara, die berichteten, dass auch sie bei der Polymerisation von Acetylen ein metallisch glänzendes Material hergestellt hatten. Die Wissenschaftler erörterten die von ihnen durchgeführten Versuche und vereinbarten, sich bei der weiteren Erforschung ihrer Materialien abzustimmen. Ein lohnendes Unterfangen, denn es führte letztlich zur Verleihung des Nobelpreises – der höchsten Auszeichnung, die ein Naturwissenschaftler für seine Arbeit zu Lebzeiten erhalten kann.

Durch die Zugabe von Jod in das Polymer gelang es den Wissenschaftlern, die Leitfähigkeit des Kunststoffs zu verändern bzw. zu erhöhen. Nach der Verleihung des Nobelpreises antwortete MacDiarmid in einem Interview mit der New York Times auf die Frage nach den Gründen dafür in etwa wie folgt: Jod, das ein Halogen und ein starkes Oxidationsmittel ist, zieht die Elektronen im Polymer sehr effektiv an. Das hat zur Folge, dass die elektrischen Ladungsträger im Polymer weniger dicht gepackt sind, beweglicher werden und fließen können – wie in Metallen.

Polyacetylen war daher der erste Kunststoff, der sich als elektrischer Leiter einen Namen machte. Auf physikalischer Ebene waren die leitfähigen Eigenschaften insbesondere auf die Zugabe von Oxidationsmitteln zurückzuführen, die gerne auch mit Luftsauerstoff reagierten, was zu einer erheblichen Verringerung der zunächst sehr guten Leitfähigkeit führte.

Dieser Herausforderung haben sich die Forscher inzwischen gestellt. Auf dem Markt sind heute verschiedene hochstabile leitfähige Polymere erhältlich, die eine vergleichbare elektrische Leitfähigkeit wie Kupfer aufweisen. Die Anwendungsgebiete für leitfähige Polymere sind vielfältig, z.B. in der LED-Technik, bei der Herstellung von effizienten Displays oder Solarzellen. Bei näherer Betrachtung lässt sich feststellen, dass mit dem Chemie-Nobelpreis nicht nur die herausragende wissenschaftliche Leistung von MacDiarmid, Heeger und Shirakawa gewürdigt wurde. Der Preis unterstreicht darüber hinaus die enorme Bedeutung von leitfähigen Kunststoffen.

Zum Schluss noch einmal zurück zu Alan MacDiarmid. Der Nobelpreisträger litt seit einiger Zeit an Krebs und hatte nicht mehr lange zu leben. Um sich von seiner Familie zu verabschieden, wollte er aus den USA nach Neuseeland fliegen. MacDiarmid war in Eile, er wollte seinen Flug nicht verpassen. In der Hektik am Tag seiner Abreise stürzte er und verletzte sich so schwer, dass er starb. GDeussing

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.